
Kann ein Krümel magischer Trüffel wirklich deine Stimmung verbessern? Eine große Nature-Studie aus dem Jahr 2022 deutet darauf hin: Microdosierer fühlten sich innerhalb eines Monats nachweislich besser als Menschen, die nichts einnahmen.
Ob Microdosing mit Trüffeln oder anderen Psychedelika sinnvoll ist, wurde lange bezweifelt. Doch eine Studie in der renommierten Fachzeitschrift Nature (Juni 2022) zeigt, dass Microdosing durchaus Wirkung haben kann.
Aufbau und Ergebnisse der Studie
Die Studie [1] verfolgte 953 Microdosierer und 180 Nicht-Microdosierer. Alle Teilnehmenden nutzten eine iOS-App, um ihre Stimmung über einen Zeitraum von 22 bis 35 Tagen zu dokumentieren. Wer Psilocybin aus Zauberpilzen oder magischen Trüffeln microdosierte, berichtete im Durchschnitt von besserer Stimmung und weniger Stress als die Kontrollgruppe.
Die wichtigsten Verbesserungen laut Studie:
- Positivere Stimmung
- Mehr Zufriedenheit im Alltag
- Weniger Stress und Angst
Besonders deutlich war die Verbesserung der Reaktionszeit, wenn Psilocybin mit Löwenmähne und Vitamin B3 kombiniert wurde – die sogenannte Stamets-Kombination.
Was ist Microdosing?
Microdosing bedeutet, dass man in regelmäßigen Abständen eine so kleine Menge Psychedelika (Trüffel, Zauberpilze, LSD usw.) einnimmt, dass keine psychedelische Wirkung auftritt. In der Praxis entspricht das etwa einem Zehntel bis Fünftel einer "Freizeitdosis".
Frühere Studien
Diese neue Studie baut auf früheren, kleineren Versuchen auf. Bereits zuvor gab es eine 6-wöchige Studie mit 98 Microdosierern und eine 4-wöchige Studie mit 81 Teilnehmern. Beide zeigten ähnliche Stimmungsverbesserungen. Doch wie damals bleibt Microdosing schwer wissenschaftlich zu erfassen.
Doppelblindstudien zum Microdosing
Doppelblinde Tests zum Microdosing sind schwierig: In früheren Studien erkannten zwei Drittel der Teilnehmenden, ob sie Psilocybin oder ein Placebo erhalten hatten – nicht verwunderlich, da selbst leichte Effekte wahrnehmbar sein können. Diese neue Studie verzichtete deshalb bewusst auf ein Blindverfahren, empfiehlt aber strengere, kontrollierte Studien in der Zukunft.
Das Gegenteil: Doppelblind-Placebo-Studie 2022
Weniger als zwei Monate später wurde dieser Empfehlung gefolgt: Eine doppelblinde Placebo-Studie mit 34 freiwilligen Microdosierern untersuchte Veränderungen in Wohlbefinden, Kreativität und Gehirnaktivität [2].
Studienaufbau: Die Teilnehmenden erhielten in zufälliger Reihenfolge entweder ein Placebo oder 0,5 g getrocknete Psilocybe cubensis, deren Wirkstoffgehalt genau analysiert wurde. Wöchentlich wurden Tests mit EEG-Elektroden zur Hirnaktivität, Stimmung, Kreativität, Wahrnehmung und Gedächtnis durchgeführt.
Wichtigste Ergebnisse:
- In 75 % der Tests erkannten die Teilnehmenden, ob sie Psilocybin oder ein Placebo erhalten hatten – nur dann fühlten sie sich merklich „beeinflusst“.
- Bemerkenswert ist, dass Microdosing niemanden kreativer, fröhlicher oder energiegeladener machte – die Fragebögen und Kreativitätstests blieben unverändert.
- Teilweise schnitten sie sogar schlechter ab: Ihre Aufmerksamkeit ließ schneller nach und die Reaktionszeiten waren länger.
- EEG-Messungen zeigten weniger Theta-Wellen, aber keine weiteren Unterschiede. Die Forscher vermuten, dass viele positive Effekte auf Erwartungen beruhen.
Funktioniert Microdosing also oder nicht?
Auf der einen Seite steht eine größere, aber weniger strenge Studie, die Hinweise auf einen positiven Effekt liefert. Zwei Monate später veröffentlicht Nature jedoch Ergebnisse, die das Gegenteil nahelegen. Was stimmt nun?
LSD-Microdosing-Review aus 2024
Trüffel und Zauberpilze sind nicht die einzigen Stoffe fürs Microdosing. Die frühere Studie betrachtete auch andere Substanzen als Psilocybin. Eine Meta-Analyse von 2024 untersuchte 14 Studien zu LSD-Microdosing und analysierte, ob bereits eine einzelne Dosis oder langfristige Anwendung Ergebnisse bringt [3].
Hauptergebnisse:
- Microdosing mit LSD scheint sicher zu sein.
- LSD-Microdosing (5–20 Mikrogramm) vermittelt das subjektive Gefühl, mental fitter zu sein und besser zu funktionieren.
- Keine der Studien zeigte langfristige Verbesserungen der Stimmung oder mentalen Fähigkeiten.
- LSD-Microdosing hat keinen Einfluss auf die Kreativität.
- Aber es wurden Verbesserungen bei Zeitwahrnehmung, Empathie und Schmerztoleranz festgestellt – und auch im Körper passiert etwas:
Messbare Veränderungen im Körper
Kurz nach der Einnahme von Microdosen wurden folgende körperliche Effekte festgestellt:
- Im Blut wurde eine höhere Konzentration von BDNF gemessen – ein Wachstumsfaktor, der Nervenzellen stimuliert.
- In der Nacht nach dem Microdosing schläfst du länger. Es wurde nicht angegeben, ob es sich dabei um leichten, Tief- oder REM-Schlaf handelt.
- EEG-Messungen zeigen Veränderungen in mehreren Hirnregionen unter Einfluss von Microdosing.
Psychedelika-Microdosing-Review aus 2024
Während sich die obige Meta-Analyse auf LSD beschränkte, berücksichtigte diese Studie aus Januar 2024 auch andere Psychedelika [4]. Sie analysierte die Ergebnisse aus 19 Studien unterschiedlicher Qualität. Die wichtigsten Erkenntnisse:
- Personen, die Microdosing mit LSD oder Psilocybin betreiben, berichten selbst über Verbesserungen in Stimmung, Fokus und Alltag.
- Allerdings traten auch unerwünschte Effekte wie Angst und körperliches Unwohlsein auf.
- Wenn du erwartest, dass Microdosing dir hilft, dann tut es das oft auch.
- Es gibt zu wenig belastbare Studien, um sichere Schlüsse zu ziehen.
Mehr Forschung? Selbst teilnehmen!
Wenn Studien sich widersprechen, zu klein sind oder methodische Schwächen haben, braucht es mehr und bessere Forschung. Selbst an einer Microdosing-Studie teilnehmen? Besuche Microdose.me, registriere dich und lade die App herunter. Du solltest Englisch beherrschen – es erwarten dich viele Fragebögen.
Mehr erfahren über den Einfluss von Umgebung und Stimmung auf deine Erfahrung? Lies hier über Set und Setting.
Hier findest du die vollständigen Studien:
- [1] Rootman, J.M. et al. “Psilocybin microdosers demonstrate greater observed improvements in mood and mental health at one month relative to non‑microdosing controls”. Scientific Reports 12, 11091. Nature. 30. Juni 2022.
- [2] Cavanna, F. et al. “Microdosing with psilocybin mushrooms: a double-blind placebo-controlled study”. Translational Psychiatry 12, 307. Nature. 2. August 2022.
- [3] Murphy, R.J. Muthukumaraswamy, S. De Wit, H. “Microdosing Psychedelics: Current Evidence From Controlled Studies”. Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging. Band 9, Ausgabe 5. Mai 2024.
- [4] Lo, D.F. et al. “Modern Psychedelic Microdosing Research on Mental Health: A Systematic Review”. The Primary Care Companion. Systematic Review, Psychiatrist.com. 16. Januar 2024.